Personen und Handlung
des Buches sind frei erfunden.
Jede Ähn-lichkeit mit einer
lebenden oder verstorbenen
Person ist zufällig.
1
Der leuchtendgelbe Frauenschuh. Die gefleckten Orchideen an feuch-ten Stellen.
Die hohen Farnbüsche. Am Ufer blitzen blau die Libellen. Der Waldsee. Margarete
hat große, schmal ge-schnittene, seegrüne Augen. Der Wildbach schäumt. Margarete
hat blondes, feuchtes Haar. Der schwarz-haarige Halbbruder. Auf der wilden Wiese
steht das Zittergras. Der hoch-ge-wachsene, schwarzhaarige Halb-bruder. Die Luft ist
kalt und feucht. Margarete steckt die langen goldenen Locken am Hin-terkopf fest.
Der Halbbruder schiebt die Finger in das blonde Haar. Der Halbbruder zieht die
Nadeln aus dem Haarknoten. Das Haar fällt in seidigen Wellen über die Schultern.
Margarete seufzt. Ein Schuß.
2
Die großblättrigen Stauden und Farne. Die stark bemoosten Baum-stämme. Der
Waldschachtelhalm, die Sumpfdotterblume. Der Boden ist weich und warm und
feucht. Das Moos. Er seufzt. Maria. Er schließt die Augen.
Sie beugt sich über ihn. Sie hat schwarzes, langes Haar und große, schwarze Augen.
Die Augen. Das sind die Brombeeren. Und der Mund, der Mund ist so rot. Die reife
Herz-kirsche. Und die Wangen, die Wangen. Zwei Pfirsiche. Und die Brüste, die
Schenkel. Die Lippen. Er seufzt. Maria. Er leckt sich die Lippen. Ein Schuß. Er schreit.
Er öffnet die Augen. Maria.
3
Er breitet ein großes, rotes Tuch auf der Wiese aus. Sie setzt sich. Der Wiesenboden
ist weich. Er setzt sich. Dicke Kissen, nasse Stellen. Sie seufzt. Schilf-halme, Dickicht.
Sie steht auf. Das Sumpfwasser ist schwarz. Sie flüstert. Das Moor. Das dunkle Moor
mit dem Schilf und den weißen Seerosen. Sie seufzt. Sie setzt sich.
Er steht auf. Er spricht laut, lang-sam und deutlich. Grüne Weiden und schattige
Wälder, mächtige Wälder, still und einsam. Sie seufzt. Steile Berge, Gipfel an Gipfel,
Kar an Kar, wilde Zacken und Fels-nadeln. Blühende Alpenrosen. Sie seufzt. Ein
Schuß. Rote Wolken am Abendhimmel.
4
Die feuchten Schluchten, die steini-gen Hänge. Die Furchen, Kare und Schratten im
Kalk. Schutthalden, steile Schuttkare, Schutthänge. Steinschlag, Lawinen, Schub von
Geröllmassen. Gefestigter Schutt, Schutt-kegel, Felskuppen. Ein Schuß. Der eiskalte
Gebirgs-bach.
5
Die Kniebundlederhose mit der weißen Stickerei. Das blütenweiße Hemd ist sauber
aufgekrempelt. Das blaue Halstuch wird von einem Hirschhorn-ring zu-sammengehalten.
Wastl ist über beide Ohrwascheln verliebt. Wastl zieht die junge Sennerin in
seine Arme. Wastl ist gamsig. Wir heiraten nach dem Alm-abtrieb. Nach Ostern, sagt
die junge Sennerin. Wastl fährt sich mit den Fingern durch den dichten Haarschopf.
Herr-schaftszeiten! Vor der Almhütte steht ein alter Holzbrunnen, aus dem
klares Gebirgswasser fließt. Wastl steckt den Kopf in das eiskalte Gebirgs-wasser.
Nach dem Almabtrieb oder gar nicht! Wastl ist grantig. Gar nicht, sagt die junge
Sennerin. Ein Schuß.
6
Die Holzbrettln, das Besteck. Butter und Brot. Der Preßsack, die Blut-wurst.
Grammeln, Verhackert. Senf, Kren, saure Gurken.
Sie preßt die Lippen zusammen. Er schneidet mit dem Messer durch die frische
Butter. Sie holt tief Luft. Ein Schuß.
7
Anni singt. Fenster öffnen, Stühle auf den Tisch, Fußboden feucht auf-wischen,
Stühle auf den Boden, frische Tischdecke, Blumen. Vierzig Zimmer. Anni singt.
Feierabend.
Der warme Sommerabend. Anni zieht ihr schönstes Sommerdirndl an. Anni geht
über den Wiesenweg zum Wald-rand. Anni pflückt Weiße Narzissen, Rostrote
Alpenrosen, Violette Schwingel und Schwarze Kohlröschen. Unter der Wetterfichte
am Waldrand steht versteckt eine Bank. Auf der Bank sitzt der Pankraz. Er trägt eine
Hirschlederhose, ein weißes Hemd und einen leichten Trachten-jan-ker. Der
Pankraz lacht. Schatz. Der Pankraz zieht die Anni auf seinen Schoß. Vom Waldrand
aus sieht Anni das Hotel “Alpenrose” und die Dorf-kirche und die sauberen Höfe in
Rosa und Himmelblau, die braunen Dächer und Balkone, die Blumen. Anni lächelt.
Schatz. Sie spürt seinen wilden Kuß auf ihren vollen Lippen. Er hat sie fest im Griff.
Der Pankraz will gar nicht mehr auf-hören. Schatz. Die lieben Worte, die kleinen
Zärt-lichkeiten.
Anni zieht das Dirndl aus und legt sich ins Bett. Sie kann nicht schlafen. Anni steht
auf. Sie stellt die Stühle auf den Tisch. Sie stellt die Stühle auf den Boden. Anni
öffnet das Fenster. Schritte auf dem Kies. Männerstimmen. Pankraz? Schatz! Ein
Schuß.
8
Regine öffnet das Fenster. Die Strahlen der milden Septembersonne. Die Blätter der
Wildrosenbüsche. Altweiberfäden fliegen durch die Luft. Im Garten blühen Dahlien
und Astern. In den Balkonkästen blühen Petunien und Pantoffelblumen. Regine
schließt das Fenster. Auf dem Wohn-stubentisch steht eine Obst-schale mit Äpfeln
und Birnen. Ein Laib Brot, Eier und Butter. Wurst, Schin-ken, Käse, saftiger Radi,
Tomaten. Das Tischtuch ist blütenweiß.
Es klopft. Der Severin. Der Simmer Severin. Grüß Gott Regine, sagt er und gibt der
Regine die Hand. Er drückt ihr sanft die Hand und fährt mit seinem Daumen
zärtlich über ihren Handrücken. Regine lächelt und öffnet das Fenster. Die Blätter
der Wildrosenbüsche färben sich braun, rot und gelb. Regine dreht sich langsam
um. Severin! Ein Schuß. Schnee fällt auf Petunien und Pantoffelblumen.
9
Er schleicht in die kleine Stube. Der Gewehrschrank. Er nimmt die Jagdflinte heraus.
Er preßt die Flinte an sich. Er legt seine Wange an den Schaft, streicht mit den
Fin-gern über den Lauf. Er prüft Kimme und Korn.
Das Kind liegt in der Wiege. Sie reißt das Kind an sich. Das Kind beginnt zu weinen.
Sie preßt das Kind an ihre Brust. Sie steht hinter dem Vorhang. Vom Küchen-fenster
aus schaut sie ihm nach.
Er bringt einen Strauß Blumen mit. Violette Schwin-gel. Er küßt sie leidenschaftlich.
Schwindler! Ein Schuß. Das Kind schreit.
10
Das Meckern, Blöken, Bähen und Blädern. Das Blöken. Das Mahnen. Das Blaffen,
Klaffen und Knurren. Das Brummen. Das Schreien, Schrecken und Keckern. Das
Schnaufen und Fauchen. Das Winseln. Das Keckern, Tockern, Knurren und
Kreischen. Das Knurren. Das Keckern. Das Fauchen und Schreien. Das Knurren und
Muckern. Das Murksen. Ein Schuß. Pfiffartiges Luft-ausstoßen.