Christine Marendon

Entlang den Zäunen wächst Gras. Mein Liebstes
geht über die Hügel, mein Licht wächst im Baum
so hell dass jeder Vogel Komet ist. Wind weht
und streicht die Häuser blau. Mein Liebstes ist eine
verlorene Feder, ein abgebrochener Stern, es
ist die nächste Haltestelle und von allen Zügen
der Langsamste. Von Halt zu Halt ziehe ich
Stöcke aus den Händen der Schrankenwärter als
wäre mein Weg eine Straße von brennenden Gleisen

Der mir Fremde stürzte unmittelbar vor meinen Füßen
zu Boden, schlug mit dem Kopf auf. Sein Hund lief weit
entfernt auf einem Acker. Ich stand und betrachtete
Schlehen tragende Zweige. Mein Fall war mir bekannt.
Erste Hilfe bedeutet: Steine anheben, der Grenzstein
von weitem war auch nicht größer als die Splitter
an seiner Schläfe, im versickernden Blut. Das Haupt
lag schwer im Arm, als der Blick wiederkehrte. Mein
Fremdsein war einen Lidschlag lang nah, dann war ich
ein Tier, wurde der Hund, der seinem Menschen wieder
auf die Beine half. Wir entfernten uns mit den Steinen.

Jede Nacht zu Cosimo, der in den Zweigen
lebt. Im Blätterbett ein kleines Gespräch,
bevor der Atem in die Tiefe sinkt. Im Geäst
der Entwurf einer Verfassung für einen
auf den Bäumen gegründeten Idealstaat.
Glühwürmchen und Cosimo mit seiner
Wildkatzenmütze. Erzählt von Rousseau
der mit einer Botanisiertrommel in den
Schweizer Wäldern irrt. Es regnet. Es
donnert. Und im Schein der Blitze tritt
Benjamin Franklin auf die Lichtung:
lässt einen Papierdrachen steigen. Cosimo
träumt. Von Palmen und Wüsten. Von
einem Ballon, der landet im Baum. Er
tritt in die Luft. Sie trägt.

Ungestillt – der Fortgang einiger Rufe, die
mich erreichten, durchstießen und sich
verfingen. unentwirrt die Flüstersprache:
Ich weiß, wovon sie spricht, aber was?
Zähe Handreichungen, Strichversuche, das
was bleibt
bleibt geöffnet, ein Ja, erstickt. Kehllaute,
Röntgenfilme: a, b, c – tongue movement.

Dein warmer Handschlag lässt mich knien
vor den Heiligen der Raststätten und
Autobahnzubringer, der U-Bahn-Schächte
und Ramschläden. Gleichzeitig hefte ich
mehrsprachige Orden ans Revers: so
stützen wir uns als Heldinnen der Fremde
verschicken Pläne für strategisches Denken
im Traum. Von wegen Steine, in den
ausgebeulten Jackentaschen kauern
Sternzeichentiere und bergen deine Fäuste
wenn sie zerkratzt und schreiend das Dunkel
suchen. Morgen gehst du wieder los, in die
Kreisrundstraße, wo die Kessel der Söldner
auf dem Feuer stehen und gesottenes
Herz als Delikatesse geboten wird.

Omas Armbanduhr und Papas
Engel zerreißen die Steine im
Kopf. “Tickst du richtig?” schreit
Mama. “Frau Mutter, Sie tun mir
weh”. Bibeln werden an diesem Ort
nicht mehr gelesen. Nachts fallen
Wörter wie Messer ins Ohr.
Im Küchenspind steckt ein Geheimnis,
da liegen Matratzen gestapelt, für die
Gefallenen. Mama und Papa und Oma
im Grab. Die Kamera hat dann sehr viel
später ein Mädchen bekommen. Filmriss.
Spazierengehen am Ufer des schönen
Sees. Die große Straße deutet zur Stadt.
Stünden die Fahnen, sähst du den Wind.
Das Gewicht der Steine.